Sinnvolles Abhängigkeitsmanagement

Abhängigkeiten existieren in vielen Unternehmen. Sie sind ein Abbild von Spezialisierung und lassen sich nicht wegdiskutieren. Deshalb ist es sinnvoll, sich aktiv mit ihnen auseinanderzusetzen. Dann können wir Lösungsmöglichkeiten für vertrackte Situationen finden.

 

Abhängigkeiten stellen für viele, die eine Dienstleistung erbringen, eine Realität dar. Ich kenne sie besonders aus der Softwareentwicklung. Es ist selten möglich, etwas zu erledigen, ohne dass man auf die Unterstützung oder Beistellleistung anderer angewiesen ist. Man könnte jetzt sagen, dass das wohl kein größeres Problem darstellen sollte, aber tatsächlich sind Abhängigkeiten immer wieder ein Thema für meine Kunden und Schulungsteilnehmer. Leider sind viele Dienstleister, von denen wir abhängig sind, nämlich chronisch unzuverlässig! Dabei kommt es noch nicht mal darauf an, ob wir es mit externen Dienstleistungen zu tun haben, oder ob intern eine andere Abteilung unterstützen muss.

 

 

Es fällt auf uns zurück

Unzuverlässige Dienstleistungen und schwierig zu managende Abhängigkeiten haben aber die unangenehme Eigenschaft, dass sie der eigenen Aussagefähigkeit und Zuverlässigkeit schaden. Wenn der Dienstleister unzuverlässig ist, können wir keine zuverlässige Aussage treffen. Das schadet dem Ansehen und häufig geht damit ein Vertrauensverlust bei unseren Kunden einher. Das ist auch verständlich, denn wie sehr kann man jemandem vertrauen, der die eigenen Abhängigkeiten nicht im Griff hat?

In vielen Fällen wird der entstehende Druck – unsere Dienstleistung soll ja fristgerecht und qualitativ hochwertig geliefert werden – dann bei den eigenen Mitarbeitern abgeladen. Sie sitzen an der Schittstelle zu unseren Kunden und können nichts anderes sagen, als dass sie auf Rückmeldungen warten. Wie frustrierend ist das denn?

Die Lösung des Problems ist nicht ganz simpel. Es ist in den meisten Fällen nicht damit getan, zum Dienstleister zu gehen und zu sagen, dass sie gefälligst zuverlässiger sein sollen. Da wird man vielleicht vertröstet. Eine Lösung bekommen Sie da aber selten.

 

Von anderen lernen

Wirft man einen Blick in den sekundären Sektor, der Produktion von Gütern, sieht man: Das Toyota-Produktionssystem mit seinen Just-in-Time-Lieferungen ist auf verlässliche Lieferungen angewiesen. Das Spannende daran ist, dass sie zu Lieferanten hingehen und von diesen verlangen, dass sie ein Maß an Verlässlichkeit garantieren. Das wird in Service Level Agreements festgehalten und die Lieferanten haben ein hohes Interesse daran, diese Vereinbarung einzuhalten. Allerdings ist die Geschäftsbeziehung auf eine beiderseitige Loyalität begründet: Toyota ist daran interessiert, die Lieferanten möglichst für immer an sich zu binden. Das erzeugt Verlässlichkeit für alle.

Sehen wir uns also Ihre Situation mal an. Vielleicht ist es möglich, mit einem Dienstleister eine Vereinbarung über ein Service-Level zu schließen? Stellt sich Ihr Dienstleister dagegen, sollten Sie in Betracht ziehen, einen Wechsel vorzunehmen. Das passiert natürlich nicht leichtfertig. Aber eventuell bedroht die Unzuverlässigkeit des Dienstleisters Ihren Ruf bei Ihren eigenen Kunden. Die können sich ja vielleicht auch jemand anderen suchen?

 

Hilflos ausgeliefert? Aktiv sein!

Sind Sie aufgrund einer Monopolstellung oder geschlossener Verträge an Ihren Dienstleister gebunden, bleibt Ihnen leider nicht viel anderes übrig als die Situation zu akzeptieren. Das heißt aber nicht, dass Sie Ihre Abhängigkeiten nicht trotzdem besser managen können! Es ist in vielen Fällen sehr sinnvoll, die Durchlaufzeiten der Bearbeitung beim Dienstleister zu messen und darüber Buch zu führen. Daraus lassen sich – wie bei den eigenen Durchlaufzeiten – Laufzeitdiagramme und Histogramme erstellen. Diese können dann dazu verwendet werden, um zumindest die Erwartungen an die Bearbeitung beim Dienstleister realistisch zu gestalten.

Reale Laufzeiten, egal ob per SLA vereinbart oder von außen gemessen, können Sie dann in Ihre Planung einfließen lassen. Dafür sollten Sie am Anfang, also wenn die Arbeitsaufträge den Commitment-Punkt überschreiten, eine Risikoabschätzung durchführen. In vielen Fällen reicht die Aussage, ob für das konkrete Ticket eine Zuarbeit eines oder mehrerer Dienstleisters notwendig ist. Die jeweiligen Abschätzungen zur Laufzeit nehmen Sie dann in Ihre Aussage auf, wie lange die Gesamtdurchlaufzeit sein wird. Sie können es auch noch mit Monte-Carlo-Simulationen fortschrittlicher gestalten. Troy Magennis ist führend auf diesem Gebiet. Es lohnt sich, sich damit tiefer zu beschäftigen.

 

Zwischenfazit: Zahlen, Zahlen, Zahlen

Möchten Sie Ihre Abhängigkeiten besser managen, werden Sie nicht drum herum kommen, sie besser kennen zu lernen. Das kann bedeuten, mit den Dienstleistern SLAs abzuschließen. Es kann aber auch bedeuten, die Unzuverlässigkeit zuverlässiger zu machen, durch Messungen und Abschätzungen, was die oberen Laufzeitlimits sind.

Warum löst das das Problem? Ihre Aussagen werden insgesamt deutlich verlässlicher werden. Eventuell werden Ihre Kunden die verlässlichere Aussage nicht gut finden und einen neuen Partner in Erwägung ziehen. Diese Information müssen Sie an Ihren Dienstleister weitertragen.

Sie haben darüber hinaus Zahlen, mit denen Sie belegen können, wenn SLAs nicht eingehalten wurden. Damit können Sie die gesamte Diskussion eventuell aus der subjektiven Meinungsdiskussion in eine faktenbasierte Diskussion heben.

Der Druck auf Ihre Mitarbeiter wird deutlich nachlassen. Denn wenn Ihre Kunden die Durchlaufzeiten Ihrer Dienstleister von Anfang an integriert sehen, besteht nur dann noch Grund zur Druckerhöhung, wenn die Mitarbeiter nicht nachverfolgen, wenn SLAs oder typische Durchlaufzeiten nicht eingehalten werden.

Einen Hinweis möchte ich Ihnen auf jeden Fall aber noch mitgeben: Achten Sie darauf, dass kein Druck auf die Mitarbeiter aufgebaut wird, die Durchlaufzeiten insgesamt zu senken. Die Unzufriedenheit mit der Gesamtleistung hat seinen Platz im Service Delivery Review, Operations Review und in Kundenbefragungen. Schützen Sie Ihre eigenen Mitarbeiter davor!

 

Interne Dienstleister

Arbeiten Sie mit internen Dienstleistern zusammen, ist das Vorgehen übrigens analog. Ich nehme an, dass Sie allerdings den Vorteil  haben, dass alle zumindest dem gleichen Unternehmenszweck und -ziel unterliegen. Individuelle, konkurrierende Zielvereinbarungen können das erschweren. Um eine Diskussion im Operations Review kommt man hier nicht herum. Denken Sie daran: Reflektieren Sie regelmäßig über die Regeln, die das Verhalten im Unternehmen steuern. Und scheuen Sie sich nicht, diese auch zu ändern, wenn sie in ihrer aktuellen Form nicht hilfreich sind. Insbesondere von Führungskräfte ist das zu erwarten.

 

 

Fazit

Abhängigkeiten besser zu managen ist sinnvoll, denn Unzuverlässigkeit Ihrerseits schadet Ihrem Ruf und Ihrem Geschäft. Verlangen Sie Verlässlichkeit von Ihren Dienstleistern, wechseln Sie sie eventuell oder versuchen Sie, Informationen und Muster trotz der Unzuverlässigkeit zu bekommen. Planen Sie diese Informationen in Aussagen über die Laufzeit mit ein. Dadurch werden Ihre Aussagen realistischer, verlässlicher und damit glaubwürdiger. Das fördert Ihr Geschäft, denn meine Erfahrung zeigt, dass die meisten Menschen besser mit langen Durchlaufzeiten umgehen können als mit Unvorhersagbarkeit.

 


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