Sechs Gründe, warum lange Durchlaufzeiten Probleme erzeugen

 

Ich schreibe so häufig in meinen Blogposts und in den exklusiven Inhalten meines Newsletters, welche negativen Konsequenzen lange Durchlaufzeiten haben! Da habe ich beschlossen, ich beherzige das DRY-Prinzip der Softwareentwicklung: Don’t Repeat Yourself! 

 

Gehen wir mal davon aus, dass wir eine Art von Commitment-Punkt haben. Der kann implizit oder explizit sein. Jedenfalls fängt beim Kunden im Kopf die Uhr an zu ticken. Er oder sie hat einen Auftrag abgegeben und wartet nun auf die Fertigstellung. Der Auftrag ist natürlich wichtig und im Zweifel auch noch dringend. Der Auftragnehmer nimmt ihn entgegen und der Kunde denkt, es wird daran gearbeitet. Und das ist häufig auch der Fall. Aber der Auftrag wartet auch eine ganze Weile. Er wartet vor der ersten Aktivität, zwischen den einzelnen Aktivitäten, auf Abhängigkeiten, auf technische Ressourcen, auf Spezialisten und am Ende auf die Akzeptanz durch den Kunden. Und es ist viel Zeit vergangen, seit der Auftrag gestartet wurde. Zwischendurch sind viele Dinge passiert – abseits des vielen Wartens:

  1. Das Integrationsrisiko für verschiedene Aufträge am gleichen Produkt ist gestiegen. Wenn viele Aufträge miteinander integriert werden müssen und sie parallel bearbeitet werden, steigt das Risiko, dass bei der Integration etwas schief geht. Das Risiko steigt mit der Menge der zu integrierenden Aufträge. Je länger ein Auftrag also begonnen aber nicht integriert ist, desto mehr potentielle Konflikte können mit den anderen Aufträgen entstehen. Das bedeutet eigentlich fast immer mehr Arbeit! Ich verweise immer wieder gerne auf TollCollect, das damals mehr als ein zusätzliches Jahr nach technischen Problemen verzögert wurde.
  2. Die Abhängigkeiten von Aufträgen untereinander werden schwerer zu managen. Je länger Aufträge „im Flug sind“, desto genauer müssen wir gucken, in welchem Zustand sie sich gerade befinden, wenn sie Abhängigkeiten zueinander haben. Wir müssen sehr genau planen oder zumindest nachsteuern, wenn sie unterschiedliche Aktivitäten, Ressourcen und Mitarbeiter benötigen. Einen gemeinsamen Abschluss zu garantieren ist ebenfalls schwierig, wenn bei den Aufträgen unabhängige Risiken und damit Verzögerungen auftreten. Wir müssen also mehr Arbeiten, um mit den Abhängigkeiten umzugehen.
  3. Apropos Risiken: Verzögerungen treten natürlich auch wahrscheinlicher auf, wenn ein Auftrag sich lange in Bearbeitung befindet. Die Chance, dass jeder Auftrag etwas vom auftretenden Problem abbekommt, ist einfach viel höher! Das bedeutet wiederum, wir müssen uns jeweils wieder um die Behebung der Verzögerung kümmern. Zumindest auf Seite des Arbeits-Managements: Mehr Arbeit!
  4. Das Abbruchrisiko für einen Auftrag steigt! Wir geben also eine beidseitige Zusage, dass der Auftrag abgeschlossen werden soll. Aber mit der langen Durchlaufzeit ändert sich die Welt. Der Kunde entdeckt neue Möglichkeiten und benötigt den initialen Auftrag vielleicht gar nicht mehr. Ich denke da immer gerne an den beauftragten Eintrag in einem zugesagten Lastenheft: App für Blackberry OS . Wenn wir schon viel Arbeit in einen Auftrag investiert haben, ohne dass er fertig gestellt wird, verschwenden wir Kapazität.
  5. Die Dringlichkeit sinkt. Das, was ursprünglich „super dringend“ und wichtig war, wird mit langer Durchlaufzeit immer weniger dringend. Die wirklich dringenden Aufträge werden sowieso durchgeprügelt – immer wieder zu Lasten des sowieso schon lange laufenden Auftrags. Es ist nicht ganz so schlimm, wie wenn der Auftrag komplett abgebrochen wird. Aber manchmal geht er in einen Zombiemodus über: Nicht abgebrochen aber auch nicht fertig bearbeitet. Egal wie, wir verschwenden Arbeit und häufen immer weitere Risiken an.
  6. Die Dringlichkeit steigt. Wie gesagt: Die Welt dreht sich weiter und was ursprünglich mit normaler Priorität bearbeitet werden konnte, wird auf einmal richtig dringend. Ist unser System dann gut ausgelastet, haben wir ein Problem: Wir müssen andere Aufträge opfern, wie in 5. und 4. schon beschrieben. Wenn das nicht geht, ist das Problem sogar größer. Und das nur, weil wir die Arbeit nicht beendet haben, als die Dringlichkeit noch nicht so hoch war. Das Resultat? Normalerweise wird mit Kapazitätssteigerungen reagiert. Das bedeutet in den meisten Fällen: Überstunden. Und wenn es schlecht läuft, wird dann die Qualität der Bearbeitung noch gesenkt.

 

Fazit

Lange Durchlaufzeiten sind ein großes Problem. Sie erzeugen immer wieder Mehrarbeit.
Es lohnt sich, die Ursachen dafür anzugehen: Zu viel parallele Arbeit im Arbeitssystem, keine festgelegten Commitment-Punkte und zu viele Verzögerungen, die auftreten.